Die zukünftige Bevölkerungsentwicklung in Deutschland wird weiterhin durch starke regionale Disparitäten gekennzeichnet sein. Während sich auf der einen Seite die Bevölkerung in zentralen, wachsenden Regionen konzentrieren wird, kommt es auf der anderen Seite in den peripheren, jetzt schon schrumpfenden Gebieten zu anhaltenden Rückgängen der Bewohner.
Unabhängig von dieser disparitären Entwicklungsperspektive gibt es aber ein großes Thema, das fast alle deutschen Wohnungsmärkte betrifft: die Alterung der Bevölkerung und die weiter deutlich zunehmende Anzahl der Senioren.
Nachdem das Thema "Wohnen für Senioren" seit Mitte der neunziger Jahr in mehreren Wellen Konjunktur hatte, ist es in den letzten Jahren eher still darum geworden. Dabei sind die Herausforderungen aktuell kein bisschen geringer - im Gegenteil.
Gegenwärtig ist in Deutschland jeder fünfte Einwohner 67 Jahre oder älter (19,6 %). Bis zum Jahr 2040 wird diese Gruppe um gut 10 % anwachsen, wie die aktuelle BBSR-Bevölkerungsprognose zeigt. Die stärksten Zuwächse wird es in den sehr peripher gelegenen, schrumpfenden Regionen geben, hier wird 2040 der Anteil der Bewohner in der Altergruppe 67+ bei rd. 28 % liegen. Vergleichsweise gering betroffen sind hingegen zentrale, wachsende Regionen und Metropolen: hier liegt aktuell der Anteil der Senioren bei unter 20 % und wird auch in den kommenden Jahren darunter bleiben. Bei diesen Standorten machen sich u.a. die Qualitäten als Arbeits- und Ausbildungsstandorte bemerkbar, die zum Zuzug jüngerer Haushalte führen.
In der aktuellen Prognose werden keine expliziten Daten für die Gruppe der Hochbetagten genannt, also der über 80-Jährigen; im Hinblick auf den Wohnungsmarkt kommt dieser Gruppe aber eine besondere Bedeutung zu, denn für sie sind Anpassungsmaßnahmen bei den Wohnungen am wichtigsten. Vorhergegangene Prognosen, die diesbezüglich immer noch Gültigkeit besitzen, zeigen eine ein beträchtliches Wachstum: Die Anzahl der Senioren ab 80 Jahren wird noch bis etwa 2030 bei rund 6 Millionen liegen. Ab Anfang der 2030er-Jahre wird sie dann für etwa 20 Jahre kontinuierlich zunehmen und im Jahr 2050 auf gut 9,1 Millionen - also um mehr als 50 % - ansteigen.
Hieraus resultiert ein sehr großer Bedarf an altersgerechtem Wohnraum; denn vor dem Hintergrund bereits jetzt überforderter stationärer Pflegeeinrichtungen kommt altengerechten Wohnungen und der ambulanten Pflege eine zentrale Bedeutung zu.
Im Jahr 2025 besteht ein Bedarf von 3,2 Millionen barrierereduzierten Wohnungen. Für 2030 liegt dieser bei 3,5 Millionen und für 2035 bei 3,7 Millionen Wohnungen. Damit wird schon 2030 eine Versorgungslücke von über 2 Millionen Wohnungen bestehen (IWU 2023).
Die Schaffung von mehr altersgerechten Wohnungen betrifft sowohl private Hauseigentümer als auch Wohnungsunternehmen. Im Fokus steht hier eindeutig der Bestand, nur hier lassen sich die notwendigen Mengeneffekte erzielen.
Dabei geht es um die Herausforderung, altersgerecht und energetisch zu modernisieren, denn eines allein reicht nicht aus und setzt auch die Ressourcen nicht optimal ein.
Für die Wohnungsunternehmen bedeuten diese Rahmenbedingungen, die Bestandsinvestitionen dorthin zu lenken, wo die meisten Bedarfe bestehen und die größten Effekte erzielt werden können.
Beim Wohnungsangebot für alte und sehr alte Menschen müssen folgende Aspekte bedacht werden:
1. Barrierefreies oder barrierearmes Wohnen: Viele Senioren benötigen Wohnungen, die barrierefrei sind. Das bedeutet, dass es keine Stufen gibt, die Türen breit genug für Rollstühle oder Rollatoren sind und Badezimmer ausreichend Bewegungsflächen haben. Der Umbau bestehender Wohnungen ist hierbei eine wichtige Maßnahme.
2. Bezahlbarer Wohnraum: Viele Senioren haben ein geringeres Einkommen. Gleichzeitig bewohnen Sie oft größere Wohnungen, die für junge Familien sehr attraktiv wären. Ein Umzug in eine kleinere Wohnung kann eine gute Lösung sein, wenn die Gesamtbelastung durch die Wohnkosten dadurch nicht steigt. Förderprogramme und finanzielle Unterstützung sind hier wichtig.
3. Pflege und Unterstützung: Ältere Menschen benötigen oft Unterstützung im Alltag. Insbesondere mobile Pflegedienste, aber auch Pflegeheime oder betreutes Wohnen spielen eine wichtige Rolle. Diese Angebote müssen ausgebaut werden insbesondere in den Regionen mit wachsenden Bedarfen.
4. Soziale Integration: Einsamkeit ist ein großes Problem bei älteren Menschen. Es ist wichtig, Wohnformen zu schaffen, die soziale Kontakte und Aktivitäten fördern, wie zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser oder Gemeinschaftsräume in Wohnanlagen.
5. Technologische Hilfsmittel: Moderne Technik kann Senioren das Leben erleichtern. Dazu gehören Notrufsysteme, intelligente Haushaltsgeräte und medizinische Überwachung. Solche Technologien sollten in seniorengerechten Wohnungen Standard werden.
6. Mobilität und Erreichbarkeit: Gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und wichtige Einrichtungen wie Ärzte, Apotheken und Supermärkte ist essenziell. Dies erleichtert älteren Menschen den Zugang zu wichtigen Dienstleistungen.
Die Grundlage für entsprechende Prüfungen und Entscheidungen im Hinblick auf Bestandsmaßnahmen werden am besten durch eine aussagekräftige Standortanalyse geschaffen. Die Qualität der Analyse ist dabei unmittelbar mit der Qualität der verwendeten Datenbasis verbunden.
Mit QUIS steht ein Analyse-Tool zur Verfügung, das die zentralen Informationen für Standort- und Investitionsentscheidungen auch zum altersgerechten Wohnen in einem System zusammenführt. So gibt es etwa für jede Adresse differenzierte Daten und Informationen zur dortigen Alters- und Bewohnerstruktur. Ausgewiesen wird sowohl die Gruppe der über 75-Jährigen, aber auch die 65-75-Jährigen, die zukünftig die Hochbetagten sein werden. Hieraus lassen sich im Hinblick auf das Seniorenwohnen räumliche Bedarfs-Schwerpunkte ermitteln und auch die Wirtschaftskraft der Haushalte einbeziehen (Stichwort Mietbelastungsquote).
Alle Prognosen zeigen, dass die Versorgungslücke bei altersgerechtem Wohnraum mittel- und langfristig eine der zentralen Herausforderungen nicht nur der Wohnungswirtschaft bleiben wird. Umso wichtiger ist es, dieses Thema bei allen Überlegungen und Planungen zur Ertüchtigung des Wohnungsbestandes mit auf dem Schirm zu haben.
Viele Wohnungsunternehmen schaffen heute schon Angebote für ältere Menschen, die über die reine Wohnung hinaus gehen. Sie brauchen die Unterstützung der Politik. Sie muss Rahmenbedingungen schaffen, um die Herausforderungen der alternden Gesellschaft anzugehen. Dazu gehören Gesetze, Förderprogramme und langfristige Strategien.