Die aktuelle Debatte zum altersgerechten Umbau des Wohnungsbestands lässt sich wie folgt zusammenfassen:
In Deutschland steigt die Zahl der Menschen im Rentenalter (ab 67 Jahren) bis Mitte der 2030er Jahre von derzeit 16,4 Millionen auf mindestens 20,0 Millionen. Zwar bleibt die Zahl der ab 80-Jährigen bis Mitte der 2030er Jahre noch relativ stabil, mit der fortschreitenden Alterung der Babyboomer wird die Zahl der Hochaltrigen danach jedoch deutlich ansteigen: von 6,1 Millionen im Jahr 2024 auf mindestens 8,5 Millionen im Jahr 2050.
Abb. 1
Bereits heute werden etwa 86 % aller Pflegebedürftigen zu Hause versorgt. Ende 2023 waren das rund 4,9 Millionen von insgesamt ca. 5,7 Millionen Pflegebedürftigen.
Selbst bei gleichbleibender Pflegewahrscheinlichkeit wird die Anzahl der Pflegebedürftigen in Zukunft weiter steigen. Dies liegt nicht nur an der wachsenden Zahl der Hochbetagten, sondern auch an der weiter steigenden Lebenserwartung.
Diese Entwicklung führt dazu, dass der Bedarf an altersgerechten Wohnungen steigen wird. Die wenigen Neubauten, die bis dahin entstehen werden, werden kaum Effekte erzielen. Deswegen wird ein Schwerpunkt von Maßnahmen im Bestand liegen mit dem Ziel, einen langfristigen Verbleib in der Wohnung zu ermöglichen.
Es stellt sich die Frage, wie groß der Bedarf an altersgerechtem Wohnraum in Zukunft sein wird. In einer KfW-Studie wurde 2020 eine aktuelle Versorgungslücke von ca. 2,4 Mio. Wohnungen festgestellt. Selbst bei einem Neubau von 1,7 Mio. altersgerechten Wohnungen bis 2035 - was nicht (mehr) realistisch ist - werden dann noch etwa 2 Mio. altersgerechte Wohnungen fehlen.
Zu ähnlichen Größenordnungen kommt 2023 das Pestel-Institut in einer Studie: im Jahr 2040 werden demnach rd. 3,3 Mio. altersgerechte Wohnungen benötigt, von denen bisher erst rd. 600.000 vorhanden sind. Es fehlen nach dieser Studie dann mehr als 2,5 Mio. Wohnungen.
Bei der Bewertung dieser Zahlen muss berücksichtigt werden, dass es keine universelle Norm für das altersgerechte Wohnen gibt.
Der rechnerische Bedarf bezieht sich nicht nur auf den Geschosswohnungsbau, denn auch im Eigenheimbereich lassen sich diese Maßnahmen realisieren. Auch in regionaler Hinsicht gibt es Unterschiede, weil sich die Zahl der Senioren unterschiedlich entwickelt. Hinzu kommt, dass zum Beispiel die Entwicklung technologischer Assistenzsysteme und die Pflegepolitik die Bedarfe beeinflussen können. Insofern lassen sich die Bedarfszahlen eher im Sinne einer "sehr großen Aufgabe" verstehen. Es gibt daher in den Planungen bisher auch keine differenzierten Ziele oder Meilensteine.
In der Wohnungspolitik konkurriert das Ziel, mehr altersgerechten Wohnraum zu schaffen, mit
Auf Seiten der Bundespolitik wird der altersgerechte Umbau gegenwärtig eher als Unterziel innerhalb dieser Agenda betrachtet, als Teil einer Gesamttransformation des Wohnungsbestandes. Dieses spiegelt sich auch in der Förderung wider.
Das zentrale Bundesinstrument für den Umbau, das KfW-Zuschussprogramm, umfasste 2024 einen erhöhten Fördertopf von 150 Mio. €. Für 2025 gab es im Bundeshaushalt gar keine Mittel, was zu einem faktischen Stopp führte. Im Haushaltsentwurf für 2026 sind nun wieder 50 Mio. € für eine Neuauflage vorgesehen - deutlich weniger als 2024, aber symbolisch wichtig. Neben den Zuschüssen stehen aber auch zinsgünstige Kredite (z. B. KfW-Programme) sowie Länder- und Kommunalförderung zur Verfügung. Für Investoren und Wohnungsunternehmen bedeuten die schwankenden Fördermittel aber Planungsunsicherheit, Programme mit verlässlichen Konditionen fehlen.
Bei den wohnungswirtschaftlichen Unternehmen besteht ein hoher gleichzeitiger Druck v.a. durch Großthemen, wie energetische Sanierung, Klimaziele, Neubau, Digitalisierung - altersgerechter Umbau kommt hier "on top". In der Praxis heißt das: Ein Gebäude gleichzeitig energetisch aufrüsten und barrierefrei machen - technisch sinnvoll, aber organisatorisch und finanziell extrem anspruchsvoll.
Grundsätzlich steht die Wohnungswirtschaft dem altersgerechten Umbau der Wohnungen positiv gegenüber. Allerdings müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden, um gute Effekte zu erzielen. Hierzu zählen u.a.
Die Wohnungsunternehmen fordern daher eine integrierte Strategie, damit sie Klima- und Altersgerechtigkeit nicht gegeneinander ausspielen müssen.
Wenn sich an Fördervolumen, Priorisierung und Planungspraxis nichts Grundsätzliches ändert, wird der Bedarf an altersgerechtem Wohnraum bis 2040 nur ansatzweise gedeckt werden - mit entsprechenden Risiken für selbstbestimmtes Wohnen im Alter, soziale Teilhabe und die Pflegeinfrastruktur.
Hier spielt auch hinein, dass - je nach Studie - bis 2040 zusätzlich 140.000-300.000 stationäre Pflegeplätze gebraucht werden. Wenn diese nicht realisiert werden, woran auch wegen der Knappheit des Pflegepersonals gezweifelt werden kann, steigt der Druck auf den altersgerechten Wohnraum mit ambulanten Pflegeangeboten umso stärker.
Abb. 2 Alters- und Sozialstruktur im Quartier
Quelle: QUIS
Vor diesem Hintergrund müssen sicherlich auch die Standards des altersgerechten Umbaus weiter auf den Prüfstand gestellt und kostengünstige Lösungen entwickelt werden. Zumal viele Seniorenhaushalte - auch in Zukunft - einkommensschwach und auf bezahlbare Mieten angewiesen sein werden - insbesondere in den hochpreisigen Großstädten und Ballungsräumen.
Umbaukosten können daher in der Regel nicht über deutliche Mietsteigerungen refinanziert werden. Deshalb ist es bei der Planung wichtig, entsprechende Informationen über die Alters- und Einkommensstruktur der Bewohner eines Quartiers zusammenzustellen und zu bewerten.
Es muss verstärkt nach Möglichkeiten gesucht werden, auch ohne erheblichen Kosten Verbesserungen für das Wohnen der Senioren auf den Weg zu bringen. Hier gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die bei überschaubarem Mitteleinsatz schon gute Effekte erzielen können.
Hierzu gehören zum Beispiel
Insbesondere in Kombination lässt sich mit diesen Maßnahmen eine deutliche Verbesserung der Wohnsituation für Senioren erreichen. Dabei kann eine Umsetzung sowohl im Rahmen anderer Bestandsmaßnahmen als auch eigenständig erfolgen.