Ein spannender Indikator für die Entwicklung des Wohnungsmarktes ist die Vermarktungsdauer. Die Frage „Wie lange sind Miet- und Kaufangebote online verfügbar?“ wird durch die Berechnung der Schaltdauer aller online verfügbaren Anzeigen und Angebote auf dem Immobilienmarkt beantwortet. Bei der Betrachtung des zeitlichen Verlaufes der Vermarktungsdauer lässt sich die Entwicklung von Angebot und Nachfrage beobachten und so die allgemeine Marktsituation reflektieren. Eine kurze Vermarktungsdauer von nur wenigen Minuten oder Stunden identifiziert Wohnungsmärkte mit einer hohen Nachfrage und großer Attraktivität für Mieter und Investoren, stehen hingegen Wohnangebote über Tage und Wochen online, ist mit einem höheren Risiko von Leerstand zu rechnen.
Die Vermarktungsdauer wird in QUIS sowohl für die Mietangebote als auch für die Kaufangebote berechnet. Die Erfahrung zeigt, dass beide Betrachtungen der Vermarktungsdauer saisonal variieren, wenn die Nachfrage nach Wohnungen und Kaufgelegenheiten nachgibt: zum Beispiel häufig zur hektischen Adventszeit am Ende des Jahres und auch zur Sommerzeit, wenn in Büros nur Ventilatoren laufen. Vergleicht man darüber hinaus die Vermarktungsdauer einer Stadt oder eines Stadtteils mit dem Deutschland-Trend, sind gut die relative Marktlage und die Investment-Attraktivität des regionalen Marktes erkennbar.
Die Vermarktungsdauer von Miet- und Kaufangeboten wird in QUIS jeweils auf Ebene des Deutschland-Trends, auf der Ebene der Stadt bzw. Kreisebene sowie auf der Ebene des Postleitzahlgebietes ausgewiesen. Die geglättete Schaltdauer von Online-Angeboten in ganz Deutschland war im Jahr 2020 durchaus volatil: sie lag im Dezember bei 22,5 Tagen, im Januar beim Jahreshöchstwert von 28 Tagen und war im Monat August mit 19,5 Tagen am geringsten. Dauert die Vermarktung eines Wohn- oder Kaufangebotes in einem regionalen Wohnungsmarkt länger als im Bundesdurchschnitt, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass an dem Standort ein Überangebot herrscht oder Angebot und Nachfrage nicht zusammenpassen. In allen Top-7-Städten, aber auch in vielen anderen nachgefragten Wohnungsmärkten liegt die Vermarktungsdauer im Durchschnitt nur bei wenigen Tagen.
* Vermarktungsdauer definiert als Mittelwert aller Monatsabschlusswerte in 2020
Der Prenzlauer Berg in Berlin und Freiburg-Mooswald beschreiben die Wonlagen in Deutschland, die im Jahr 2020 die höchste Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt erlebt haben. Ein weiteres Beispiel für einen dynamischen Wohnungsmarkt ist die Vermarktungsdauer von Düsseldorf, die ebenfalls deutlich kürzer liegt, als im Vergleich zum Deutschland-Gesamttrend. So war in der Rheinmetropole ein Inserat für eine Mietwohnung in den Jahren 2019 und 2020 um mindestens 20 % kürzer publik. Zum Ende des Jahres 2019 war es sogar nur rund die Hälfte der Zeit. Im Januar 2021 liegt die Vermarktungsdauer von Mietwohnungen in Düsseldorf bei durchschnittlich 18 Tagen (vgl. Abbildung 1). Wie intensiv die Nachfrage in Düsseldorf ist, zeigt sich auch daran, dass es insgesamt wenig jahreszeitbedingte Veränderungen gibt.
* Vermarktungsdauer definiert als Mittelwert aller Monatsabschlusswerte in 2020
Die am geringsten ausgeprägte Nachfrage an Mietangeboten hat QUIS 2020 in Zwickau-Eckersbach und Leipzig-Paunsdorf gemessen. Eine ebenfalls schwach ausgeprägte Nachfrage erfährt die Stadt Chemnitz. Dort ist die Vermarktungsdauer seit Mitte 2019 mehr als doppelt so lang wie im Bundesdurchschnitt und erreichte noch im Frühjahr 2020 Werte von fast 100 Tagen, welche die Mietangebote im Schnitt online waren. Im Januar 2021 liegt die Vermarktungsdauer von Mietwohnungen in Chemnitz durchschnittlich bei 100 Tagen (vgl. Abbildung 2). Es lässt sich an diesen Zahlen ablesen, wie wenig ausgeprägt die Nachfrage ist.
Die Analysen in QUIS umfassen Millionen von Datensätzen mit Immobilieninseraten von 2012 bis heute. Der Marktscreener beobachtet und erfasst alle zentralen Merkmale zu einzelnen Inseraten, primär die angebotenen Mieten und Preise, aber auch die Zeitpunkte, wann das Immobilienangebot zum ersten Mal gelistet wurde und wann es zuletzt auf der Markt-Plattform angeboten wurde. Der Marktscreener erfasst dabei sogar Inserate, die nur wenige Stunden online stehen und dann auf Grund der großen Nachfrage zügig abgestellt werden. Für jedes Inserat wird daraus die Schaltdauer berechnet. QUIS berechnet auf Basis der Schaltdauern standardmäßig die mediane Vermarktungsdauer für jeden Monat in allen PLZ-Gebieten, auf Kreis- und auf Bundesebene (vgl. Abbildungen 1 und 2).
Da Inserate auch über Monatsenden hinaus geschaltet werden, berechnet QUIS die Vermarktungsdauer zwei Monate "in Verzug". So kann der weitere Verlauf von aktiven Schaltungen weiter beobachtet werden, bis unter Anwendung der Survival-Analyse eine realistische Schätzung erzielt werden kann, die den Vermarktungszeitpunkt eines Inserats statistisch prognostiziert. Die Vermarktungsdauer in QUIS wird dadurch in den wenigsten Fällen verkürzt dargestellt, sondern beschreibt die Realität möglichst nah.