Der Stadt Lübeck als Wirtschaftsstandort ist der zweit größte in Schleswig-Holstein und profitiert neben der geographischen Nähe zu Hamburg von der weitreichenden Tradition als Hanse- und bedeutender Handelsplatz. Wie hat sich der Wohnungsmarkt der Stadt in den letzten Jahren entwickelt und welche Perspektiven ergeben sich für die Zukunft? Laut einer aktuellen Prognose werden bis 2023 die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in der Stadt Lübeck um 12,1 Prozent steigen. Für die nahe Zukunft werden in Lübeck die größten, relativen Preissteigerungen in Deutschland erwartet. Was also sind die Besondersheiten des regionalen Immobilienmarktes und welche Unterschiede lassen sich in den verschiedenen Stadtteilen feststellen?
Das Tool von QUIS unterstützt allgemeinhin bei der Analyse von Wohnungsmärkten und liefert Insights für verschiedene Betrachtungsebenen: die Grundeinheit ist dabei der Wohnblock bzw. das Quartier, welches sehr kleinräumige Analysen erlaubt. Mit den Makrodaten, zum Beispiel Bevölkerungsprognosen und Wanderungssalden, lassen sich Entwicklungen auf Kreisebenen feststellen. Um sehr einfach und mit wenig Aufwand den Wohnungsmarkt von Lübeck zu charakterisieren, helfen also die verschiedenen Betrachtungsebenen, um zentrale Entwicklungen herauszuarbeiten.
Die Stadt Lübeck besteht aus zehn Stadtteilen und ist mit rund 221.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt in Schleswig-Holstein. Lübeck ist eine kreisfreie Stadt und liegt ungefähr 65 Kilometer nordöstlich von Hamburg und 78 Kilometer südöstlich von Kiel. Die Innenstadt hat sich rund um die Altstadtinsel herausgebildet, welche als UNESCO-Welterbe bekannt ist. Darüber hinaus gilt St. Jürgen als zentrumsnaher und attraktivster Wohnstandort.
Abbildung 1: Darstellung der Kaufpreisfaktoren für die Stadtteile in Lübeck
Der Stadtteil St. Lorenz ist in die Bereiche St. Lorenz Nord und St. Lorenz Süd aufgeteilt und erstreckt sich auf nord-westlicher Seite vom berühmten Holstentor bis in die Vororte. Die Stadteile Moisling und Buntekuh liegen eher peripher und sind vornehmlich durch Wohnblocks aus den 1960er Jahren geprägt. Der Stadtteil St. Gertrud liegt östlich neben der Innenstadt und geht in Richtung der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern in ein Waldgebiet über. Die Stadteile Schlutup und Kücknitz liegen nördlich und stellen die räumliche Verbindung zum Stadtteil Travemünde her, welcher als attraktiver Ostseekurort bekannt ist.
Die Trave entspringt im Kreis Ostholstein und fließt nach Umwegen dann bei Moisling in das Stadtgebiet von Lübeck. Der Fluss bildet dabei die nördliche Grenze des Stadtteils, der vor allem für die große Anzahl an Wohnblöcken und Hochhäusern bekannt ist.
In Richtung der Lübecker Altstadt wurde der Flusslauf nach den Bedürfnissen der Schifffahrt und der mittelalterlichen Stadtverteidigung umgestaltet, so dass der Fluss sich südlich des Lübecker Doms in mehrere Arme gabelt. In der Innenstadt haben sich attraktive Flächen für Gastronomie und Naherholung gebildet und die Silhouetten der verschiedenen Kirchtürme spiegeln sich häufig im Flussbereich, im Stadtgraben oder weiterer, anschließenden Wasserflächen. Nach der Altstadtinsel verbreitet sich der Flusslauf und die Ufer sind anschließend weniger dicht besiedelt.
Auf Höhe des Stadtteils Kücknitz bildet sich die Traveförde als Unterlauf des Flusses heraus, wo durch eiszeitliche Begebenheiten und den Einfluss der Ostsee ein Binnengewässer entstanden ist. Im Zentrum von Travemünde bildet die Trave in der Mündung durch die Halbinsel Priwall einen Fährkanal, der auch durch den Schiffverkehr nach Skandinavien bekannt ist. Die Attraktivität und Beliebtheit von Travemünde als Wohn- und Investitionsstandort zeigt sich durch den sehr hohen Kaufpreisfaktor von durchschnittlich 41 Jahren (vgl. Abbildung 1). Der Kaufpreisfaktor für Bestandwohnungen zeigt dabei auf, wie viele Jahre Mieteinnahmen auf dem monatsaktuellem Niveau benötigt werden, um den aktuellen Kaufpreis zu refinanzieren.
Der Stadtteil Kücknitz stellt die räumliche Verbindung zwischen dem Travemünder Hotspot und den zentrumsnahen Stadtteilen dar. Der Kaufpreisfaktor für Bestandswohnungen liegt hier aktuell bei 25 Jahren. An diesem Standort lassen sich also möglicherweise noch interessante und finanzierbare Wohnstandorte entdecken, von denen sich aus die Lübecker Innenstadt und Travemünde mit wenigen Autominuten oder dem öffentlichen Nahverkehr erreichen lassen. Der Innenstadtbereich von Lübeck liegt mit einem Kaufpreisfaktor von 41,6 Jahren nur knapp über dem Kaufpreisfaktor von Travemünde. Die weiteren zentrumsnahen Stadteile, welche sich wie Satelliten um den Stadtkern reihen, lassen sich hinsichtlich ihrer Attraktivität auch durch die Höhe der Kaufpreisfaktoren bewerten:
Für den Stadtteil Moisling lässt sich aktuell ein Kaufpreisfaktor von 23,4 Jahren messen. Dass der Stadtteil Moisling mit seiner vergleichsweisen peripheren Lage und seiner Sozialstruktur im Stadtvergleich weniger attraktiv gerankt wird, lässt sich auch bei der folgenden Betrachtung von Mietenentwicklung und Vermarktungsdauer feststellen.
In der Gesamtbetrachtung der Mietentwicklung von 2012 bis 2021 stehen sich die Stadtteile Moisling, die Innenstadt sowie Travemünde gegenüber. Alle drei Lagen haben ihre Entwicklung der Nähe zum Fluss zu verdanken und lassen sich dem Flussverlauf entsprechend als Achse durch das Lübecker Stadtgebiet anordnen. Des Weiteren wird für den Vergleich und die Einordnung ein Durchschnittswert der gesamten Kreisfreien Stadt Lübeck ausgewiesen. Insgesamt verlaufen die Mietentwicklungen der drei Standorte parallel und es kommt dabei nicht zu Überschneidungen. Deutlich werden auch die enormen Preissteigerungen über die letzten Jahre.
Während der durchschnittliche Mietpreis für die Stadt Lübeck 2012 noch bei 6,68 Euro pro Quadratmeter lag, steht der Wert im 3. Quartal 2021 bei 9,58 Euro (vgl. Abbildung 2). In Travemünde und in der Innenstadt werden aktuell bei Neuvermietungen Preise von 11,67 Euro bzw. 10,14 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Der Stadtteil Moisling liegt hinsichtlich der Mietenentwicklung in der Betrachtung stets unterhalb des Gesamtdurchschnittes für die Stadt Lübeck, wobei sich auch dieser Wert seit 2018 deutlich angenähert hat, weil die Mieten in Moisling überdurchschnittlich wachsen.
Die Volatilität für Travemünde ist durch die geringere Fallzahl von Mietangeboten zu erklären. Das heißt für den Stadtteil Travemünde lassen sich insgesamt weniger Angebote feststellen und wenn, sind diese für die Veränderungen des Indikators mehr ausschlaggebend. Zudem haben die hier häufig anzutreffenden Mietangebote im Premium- und Luxus-Segment messbarer auf die Auswirkungen der Corona-Krise reagiert. In den "Schockmomenten" im März und April 2020 waren diese Immobilien in diesen Lagen im ersten Augenblick kaum gefragt. Anschließend zog die Nachfrage aber dynamisch an und pendelte sich im weiteren Verlauf der Krise auf neuen Höchstständen an. Dementsprechend ist die Vermarktungsdauer hier weiter gesunken; das Leben und Wohnen in Travemünde war noch nie so beliebt wie heute!
Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Lübecker Wohnungsmarkt entlang der Trave sehr heterogen ausgebildet ist. Folgen wir dem Flussverlauf finden wir zuerst mit Moisling eine typische Trabantenstadt, die sich in den 60er und 70er Jahre durch weitreichende Bautätigkeiten entwickelt hat und heute den Herausforderungen des sozialen Quartiermanagements und umfangreichen Modernisierungen von Wohn- und Infrastrukturanlagen begegnen muss. Der Innenstadtbereich hat sich durch eine Vielzahl von Investoren in den letzten Jahren neu erfunden und die angebundenen Wohnlagen sind stark nachgefragt. Wie in den meisten deutschen Großstädten besteht hier die Herausforderung eine Eskalationen der Preisentwicklung zu verhindern und die Erschwinglichkeit des Wohnens weiterführend zu garantieren. Im Fokus stehen dabei Neubauaktivitäten und Nachverdichtungen, auch wenn diese in der denkmalgeschützten Altstadt nur unter Auflagen möglich ist. Wohnlagen mit einer sehr hohen Qualität an Naherholung, wie in Lübeck Travemünde, sind die großen Krisengewinner aus den Jahren 2020 und 2021. Dementsprechend sind die Kaufpreise in Küstenregionen rasant gestiegen. Es bleibt abzuwarten, was die zukünftige Preisentwicklung betrifft: Wo es hohe Steigerungen in kurzer Zeit gab, ist in der Folge eher mit leichten Konsolidierungstendenzen zu rechnen. Auch wenn die Bewohner und Bestandshalter sich in diesen Regionen über den Wertzuwachs ihrer Immobilien freuen dürften, so ist die steigende Beliebtheit der Regionen für Touristen und Tagesausflüge eine Belastung der Bewohner, vor allem auch hinsichtlich der ökologischen Aspekte. Die Stadtplaner müssen die notwendige Infrastruktur nun entsprechend nachrüsten, um den weiter anhaltenden Besucherströmen gerecht zu werden.
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