Insights zum Wohnungsmarkt und Trends in der Immobilienbewertung

Mietbelastung bei Bestandsmaßnahmen im Blick behalten

Geschrieben von Matthias Klupp | 17. Sep 2024

Die Wohnkosten bilden für die meisten Menschen mit den größten Posten bei den Haushaltsausgaben. Wieviel für das Wohnen ausgegeben werden kann, bestimmt nicht nur die Wohnform, sondern sehr stark auch die Wahl des Wohnortes. Haushalte mit höheren Einkommen können sich tendenziell Wohnraum in zentralen oder begehrten Stadtteilen leisten. Gleichzeitig sind einkommensschwächere Haushalte oft gezwungen, in Randgebiete oder Vororte auszuweichen, wo die Mieten günstiger sind.

Der Anteil des Einkommens, der für Miete aufgewendet werden muss (Mietbelastung), spielt aber auch für die Anbieter von Wohnungen eine wichtige Rolle, denn die Mieteinnahmen bilden die Grundlage für Investitionen in die Wohnungsbestände. Wenn Haushalte sich eine Wohnung oder Wohngegend nicht oder - etwa nach einer Modernisierung - nicht mehr leisten können, kann dieses zu Verdrängungsprozessen und Veränderungen in der Bewohnerstruktur führen.

Mieten und Einkommen entwickeln sich unterschiedlich

Das Verhältnis zwischen der Einkommens- und der Mietenentwicklung hat in Deutschland in den vergangenen Jahren einen regional unterschiedlichen Verlauf genommen.

Während die Nominaleinkommen in Deutschland in den letzten Jahren relativ stabil gewachsen sind, hinken die Realeinkommen (inflationsbereinigt) oft hinterher. Vor allem in den unteren und mittleren Einkommensschichten stagniert das Einkommen in vielen Fällen, während hohe Einkommen stärker gestiegen sind.

Lohnentwicklung auf Basis des Medians der Bruttoarbeitsentgelte der Bundesagentur für Arbeit (2022); Mietpreisentwicklung auf Basis der hedonischen Mietpreise bei Neuvertrag und Bestand von F+B IGES (2022) Quelle: Haus und Grund

Eine signifikante Divergenz zwischen der Entwicklung von Einkommen und Mieten findet man insbesondere in den großen Städten und Ballungsräumen. Hier hat die Kluft zwischen stagnierenden oder moderat steigenden Einkommen und schnell wachsenden Mietpreisen oftmals zu einer Verschärfung der Wohnraumsituation geführt. In Großstädten zahlen Haushalte häufig deutlich über 30 % ihres Einkommens für die Miete, bei Geringverdienern liegt dieser Anteil oft noch höher. Hinzu kommen die stark gestiegenen Energiepreise für Strom und Heizung.

Eine völlig andere Situation gibt es hingegen in Gebieten mit Bevölkerungsrückgängen und Wohnungsleerständen: hier sind die Mieten so erschwinglich, dass sich praktisch alle Haushalte zu angemessenen Konditionen versorgen können.

Herausforderung Wohnungssuche

Im Servicemonitor Wohnen 2023 haben 30 Prozent aller befragten Mieter in den letzten 12 Monaten aktiv nach einer neuen Wohnung gesucht. Doch 35 Prozent hatten dabei große Schwierigkeiten, fast jeder Vierte (24 Prozent) gab die Suche ergebnislos auf.

Am häufigsten mussten Haushalte ihre Suche aufgeben, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von 1.500 bis 1.999 Euro verfügen, gefolgt von den Haushalten, deren Einkommen unter 1.500 Euro liegt.

Die Zahlen zeigen, wie stark die Einkommenssituation inzwischen - vor allem an den nachgefragten Standorten - die Chancen der Haushalte auf dem Wohnungsmarkt bestimmt.

Einkommen und Bestandsmaßnahmen in Einklang bringen

Auf der anderen Seite spielt die Einkommenssituation der Haushalte auch für die Vermieterseite eine wichtige Rolle. Dabei es oftmals gar nicht so sehr um die Neuvermietungsmieten, sondern sehr stark um die Bestandsmieten.

Die Wohnungsunternehmen stehen im Zusammenhang etwa mit energetischen Maßnahmen ("Klimapfad") und hohen Baukosten beim Neubau vor sehr großen investiven Herausforderungen. Eine Refinanzierung dieser Maßnahmen erfolgt im Wesentlichen aus den Mieteinnahmen. Entsprechend gilt es für die Unternehmen, die Potenziale aus den Mieterträgen bestmöglich auszuschöpfen.

Gerade die sozial orientierten (kommunalen) Wohnungsunternehmen und Genossenschaften müssen dabei auf die Zahlungsfähigkeit ihrer Mieter Rücksicht nehmen. So können etwa (zu) hohe Mieten nach Modernisierungsmaßnahmen dazu führen, dass angestammte Mieter verdrängt werden oder sich Bewohnerstrukturen in den Quartieren deutlich ändern. Eine Veränderung der Bewohnerstruktur kann aber durchaus auch positiv sein, wenn sich dadurch in einem Quartier unterschiedliche Bewohnergruppen, wie z.B. einkommensstärkere und -schwächere Haushalte, miteinander mischen.

Eine wesentliche Rolle bei der lokalen Investitionsplanung spielt daher die wirtschaftliche Situation der Mieter. Es gilt, einen Weg zu finden, der auf der einen Seite eine bestmögliche Refinanzierung von Investitionen über die Nutzung von Mietpotenzialen ermöglicht, auf der anderen Seite aber die Zahlungsmöglichkeiten der Mieter nachhaltig mit einbezieht.

Wie hoch sind die Einkommen?

Die finanzielle Situation der Haushalte lässt sich gut über die Haushaltseinkommen, die Kaufkraft und über die Mietbelastungsquote abbilden. QUIS stellt diese Informationen für jede Adresse in Deutschland kleinräumig zur Verfügung und bietet so eine valide Grundlage für die Einbeziehung dieser Parameter in die Planungen.

QUIS bildet die Sozialstruktur jede Wohnadresse in Deutschland ab

Haushaltseinkommen

Das durchschnittliche Haushaltseinkommen gibt eine Information darüber, wie das kleinräumige absolute Einkommensniveau ist. So weist z.B. ein mittleres Einkommen von unter 1.500 € darauf hin, dass in einem Gebiet ein sehr großer Anteil von Geringverdienern lebt, die praktisch keine finanziellen Spielräume haben.

Kaufkraft

Die Kaufkraft ist ein Indexwert, der Aussagen darüber ermöglicht, wie gut die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Haushalte im Vergleich zu Deutschland insgesamt ist.

Der nationale Durchschnitt entspricht 100. Weist ein Gebiet z.B. eine um 30 % höhere Kaufkraft als der Landesdurchschnitt auf, hat diese den Kaufkraftindex 130. Entsprechend bedeutet ein Kaufkraft-Indexwert von 60, dass in dem Gebiet  die Kaufkraft sehr deutlich unterdurchschnittlich ist. QUIS weist die Kaufkraft für jede Adresse aus und ermöglicht daher eine genaue Einschätzung.

Mietbelastungsquote

Die Mietbelastungsquote gibt an, welcher Anteil der Einkommens für die Miete aufgewendet werden muss - bei QUIS wird die Quote für die Brutto-Kaltmiete angegeben, also unter Einbeziehung der kalten Betriebskosten.

Es gibt zwar keine "amtliche" Definition, was eine angemessene Mietbelastungsquote ist, als Orientierungswert kann man aber davon ausgehen, dass nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens für die Miete ausgegeben werden sollte.

Bei QUIS wird als Mietbelastungsquote der Anteil des Haushaltseinkommens eine 2-Personenhaushalts angegeben, der am Standort für die Miete einer durchschnittliche Wohnung (65 m²) mit durchschnittlichen kalten Betriebskosten aufgewendet werden muss.

In der Zusammenschau dieser ökonomischen Merkmale ermöglicht QUIS eine sehr gute Abschätzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Haushalte und damit auch der Spielräume für Mietenanpassungen. Damit kann z.B. eine realistische Einschätzung erreicht werden, welche Modernisierungsmaßnahmen „vor Ort“ refinanziert werden könnten und welche Auswirkungen diese ggf. auf die Bewohnerschaft hätten. Bei der Planung von Bestandsmaßnahmen kann so die Nachfrageseite gut einbezogen werden, insbesondere, wenn die in QUIS ebenfalls vorhandenen Daten zur Alters- und Haushaltsstruktur der Bewohner mit hinzugezogen werden.